Das 17. Jahrhundert
Die erste Hälfte dieses Jahrhunderts wurde vom 30jährigen Krieg bestimmt, die zweite Hälfte hauptsächlich von der absolutistischen Regierung
Ludwigs XlV von Frankreich. Damals war Frankreich für ganz Europa kulturell, wirtschaftlich und politisch tonangebend. Ferner war das 17. Jhd. auch die Zeit des Kolonialismus.
Viele unserer heutigen Vorstellungen von zivilisiertem Benehmen sind damals entstanden. Deutschland war damals in viele kleine Länder zersplittert, während es in Frankreich eine zentrale macht gab. Französisch zu sprechen galt als vornehm.
Als Gegenbewegung zu diesem höfischen benehmen entstanden in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts die Salons. Hier wurden Kunst und Philosophie diskutiert. Man entwickelte in den Salons einen Rede- und Denkstil, der sehr stark von Frauen geprägt wurde. In der Salonkultur gewannen damit die Frauen einen geistigen Aufschwung, der den Männern ebenbürtig war.
Die Mode sollte zu dieser Zeit weiterhin dem Stand einer Person angemessen sein. Könige und Adelige machten ihre soziale Position durch prunkvolle Kleidung sichtbar. Aber langsam begann Mode sich zu verselbständigen. Man kleidetet sich zunehmend um der Lust am Neuen willenmodisch. Die einfacheren leute imitierten die Wohlhabenderen und diese mussten daher immer neue Moden erfinden, um sich vom einfachen Volk abzusetzen. Man begann sich auch für Mode als eigenständiges kulturelles Phänomen zu interessieren und sich historisch mit ihr zu befassen. Die Mode solle die Menchen schöner machen, hiess es. Ferner soll sie auch die Wirtschaft ankurbeln. Die französische Luxusindustrie nahm im 17. Jhd einen gewaltigen Aufschwung. Dies hatte auch mit der Wirtschaftspolitik im Lande zu tun: Merkantilismus!
Im 17. Jhd war also Frankreich die führende Nation in Modedingen, der spanische Einfluss blieb aber trotzdem an manchen Höfen wie Wien und Madrid noch lange erhalten.
Entwicklung der Herrenmode
Die Herrenmode löste sich zuerst vom spanischen Stil, die Damenmode etwas später. Die übermässig wattierten vesten der Herren verschwanden. Der Herr trug Ärmerlwams und Koller. Das Koller war zuerst ärmellos, erst um 1630 wurde es in einem Stück und mit Ärmeln hersgestellt. Hier hat der spätere Herrenrock seine Wurzeln. Die Kragen der Herrenkleidung waren hochgeschlossen und wurden im Lauf der Jahrzehnte sowohl in der Damen- wie in der Herrenmode immer grösser. Die Haare trugen die Herren nun iweder länger, oft sogar asymmetrisch. Erstmals kamen nun auch Perücken auf. Breite, weite Hüte kamen in Mode, oft mit einer Feder geschmückt. Die Hosenbeine wurden weiter. Die Heerpauke verschwand, Es traten längere, das Bein lose umspielende Beinklieder an dessen Stelle.
In der zweiten Hälfte des 17. Jhd. wurden die rhingraves der letzte Schrei: Hosen, die so weit waren, dass sie wie Röcke aussahen und auch so geschnitten waren. Auf Englisch hiessen sie: petticoat breeches. Dazu trug der Mann ein knappes Westchen, Seidenstrümpfe und Schuhe mit Absätzen.
Heinrich lV. | Wams | Heerpauke | Petticoatbreeches | Spitzenkragen | Petticoatbreeches | |||
Damenmode
In der Frauenmode setzte sich für einige Zeit eine Zweiteilung durch: Ein bodenlanger Rock, dazu eine Jacke. Die Hüfte wurden gepolstert. Reifröcke waren im 16. Jhd. aus der Mode gekommen. Die Hüften wurden mit wergwülsten gepolstert, damit der Rock schön gerade zu Boden fiel, oder man trug einfach mehrere Unterröcke. Die Halskrause verschwand. Die Dekolletés wurden tiefer und viereckig.
Kinder sind genauso gekleidet wie Erwachsene. Das Mädchen trägt ein Kleid mit kegelförmigem Rock. Knaben trugen anfänglich dieselben Kleider wie die Mädchen. Das war damals so üblich, da sie in den jungen Jahren unter der Obhut von Kindermädchen und Ammen. Später wurden sie dann einem männlichen lehrer übergeben. Entsprechend änderte sich dann die Bekleidung. Der Knabe sah dann fast so aus wie Miniaturerwachsene. Kindheit galt im 17. Jhd. nioch nicht als Lebensphase mit eigenem Wert. Erst im späten 18. und dann im 19. Jhd., als man ein gewandeltes Bild von der Kindheit hatte, entstand eine richtige Kindermode.
Eine Dame mit ihren Söhnen | Prinz Willhelm von Oranien |
Ludwig XlV
In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts wurde der französische Einfluss in der Mode überwältigend. Unter Ludwig XlV wird Mode gleichbedeutend mit "Französischer Mode". Die Männerkleidung wird schliochter in der Form. Das Justaucorps (Jacke), tailliert geschnitten, reichte bis zum Knie. Darunter trug der Mann Kniehosen, seidene Strümpfe und Schnallenschuhe mit relativ hohen Absätzen. Im 18. Jahrhundert kamen die Spitzen wieder sehr stark auf. Ärmel und Halsausschnitte waren stark mit Spitzen verziert. Armbänder und Ohrringe (die früher die Herren trugen) wurden unmodern. Statt der eigenen Haare trug der Herr eine Allongeperücke. Auf dieser Perücke trug man einen Hut: Dreispitz.
Breite Streifen waren so um 1780 für Damen und Herren hochmodern | Luwig XlV. | Höfischer Mann im Barock | Hohe Absätze |
Wurde die Herrenmode schlichter, so wurde die Damenmode im Gegenzug aufwendiger. Damit wird eine Komplementarität der Moden eingeleitet. Dies hängt stark mit der sich wandelnden Vorstellung von Weiblichkeit und Männlichkeit zusammen. Bis ins 17. Jahrhundert waren die Menschen der Auffassung, dass beide Geschlechter gleiche Körper haben, nur dass sich die weiblichen Geschlechtsorgane nicht so weit entwickelt haben wie die männlichen. Frauen galten also als fehlerhafte, unvollständige Wesen gegenüber dem vollkommenen männlichen Menschen. Deshalb waren die Frauen auch in der gesellschaftlichen Rollenaufteilung unterlegen. Erst im Verlauf des 18. Jahrhunderts kommt dann die Vorstellung auf, dass Frauen und Männer völlig verschiedenen Wesen sind. Die Mode brachte diese Diskrepanz auch zum Ausdruck.
Die Kleider der Damen bestanden aus einem Oberkleid, dem manteau. Darunter war der Rock, oder Jupe. Die Kleider waren aus edlen Stoffen und reich verziert. Sehr elegant war es, wenn eine Dame ein Spitzentaschentuch in der Hand hielt. Dabei handelte es sich ausschliesslich um ein modisches Accessoire.
Allongeperücke | Mann und Frau zur Zeit Ludwig XlV. | Dreispitz | Justaucorps
Kniehose |
Dieser Stil hielt sich im grossen und ganzen einige Jahrzehnte lang. Bei den Männern wurde die Allongeperücke durch andere etwas leichtere Perücken ersetzt; aber ein Perücke "musste" sein!. Ferner trugen die Herren zum Anzug einen Degen, der auch zum Duellieren benutzt wurde. Die Schösse von Weste und Justaucorps wurden versteift, so dass sie, wie die Frauenröcke, abstanden. Der Mann trug Kniehosen mit Strümpfen.
Der Reifrock feierte neue Triumphe. Die Röcke wurden kürzer. Die Damen zeigten Fuss. Sie trug an ihren Füssen reich verzierte und bestickte Schühchen, die mehr eine repräsentative Funktion hatten. Einfache Frauen trugen Holzschuhe, in denen sie laufen und arbeiten konnten.
Am Hof kamen später noch ovale Reifröcke auf. Sie waren vorn und hinten abgeflacht und so breit, dass die Dame nicht mehr geradeaus durch eine Tür gehen konnte.
An dieser Stelle wird einmal mehr gezeigt, dass Mode mit wirklichen Körpern nichts zu tun hat, sondern eigene Silhouetten und Körperbilder schafft. Im 17. und 18. Jhd. machte sie die Menschen zu lebenden Kunstwerken. Dies entsprach auch der Gesellschaft: Sie hatten zu repräsentieren. Man muss sich klarmachen, dass diese teuren, prunkvollen Kleider die Damen und Herren am Hof trugen. Es war die Aristorkratie, die in der Zeit von Ludwig XlV. ihren verlorenen politischen Einfluss mit diesem Prunk kompensieren musste. Das aufstrebende Bürgertum wollte dies den Aristorkraten modisch gleichtun. Es kam häufig vor, dass verarmte Adelige mit reichen Bürgern verheiratet wurden. Damit füüllte sich die Kasse der Adeligen und gleichzeitig erhielt der Bürger einen Adelstitel.
Adelige arbeiteten nicht. Ihr Lebensstil war teuer. Ihr Leben war öffentlich. Daher wurde Mode imemr wichtiger, denn nur diese konnte sichtbar machen, was jemand war bzw. sein wollte.
Reifrock als Hochzeitskleidung heute.
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Reifrock Frankreich 18. Jahrhundert |
Im 18. Jhd. hiess es: Schminke statt Wasser und Seife! Man wusch sich nicht, sondern überschminkte den Schmutz und übertönte den Gestank mit Duftwässerchen. Die Schminke war weiss und zudem sehr ungesund. Dazu kam ein möglichst künstlich aussehendes Rouge. Die Haare wurden gepudert. Die Frisuren waren dermassen kompliziert, dass man sie nicht jeden Morgen neu machen konnte. An das Haarewaschen war da kaum zu denken. Die Frisuren wurden einfach jeden Morgen von der Dienerschaft "überarbeitet". Das Ungeziefer hatte somit seinen Nährboden, aber dagegen besass man ja die elfenbeinernen kleinen Kratzer.
Die Jahrzehnte vor der Revolution
In den 1780er Jahren wurden die Frisuren noch komplizierter und grösser, zudem trug man wieder Hut. Die Röcke wurden dafür etwas dezenter. Die Jäckchen (calico) wurden bei der Dame beliebt. Sie waren meist eng tailliert. Insgesamt wirkte die Mode etwas strenger oder anders gesagt "männlicher".
In der Herrenmode blieb das Grundprinzip gleich: Kniehose, Weste und Justaucorps. Die Kniehose wurde zeitweise so eng, dass man sich darin nicht setzen konnte.
Modejournale
In den 1770er Jahren enstanden die ersten Modejournale. Zuvor gab es nur die Modepuppen. In England erschien seit 1770 das "Lady's Magazine", in Frankreich die "Gallerie des Modes" und das "Magasin des Modes".
Mode und Lifestyle
Diese Journale enthielten, was wir heute als Lifestyle bezeichnen. Es ging um Alltagsdesign, neue Bücher, Theater und Lebensart. Im Zentrum stand aber die aktuelle Modeberichterstattung.
Wer macht die Kleider?
Die wohlhabenden Damen und Herren liessen ihre Kleider von professionellen Schneidern anfertigen. Dabei konnten sie viel Phantasie einbringen. Madame de Pmpadour war eine sehr kreative Frau in dieser Zeit. Rose Bertin war eine Modemacherin, deren Name heute noch bekannt ist.
Modeschöpfer werden in den folgenden Jahrzehnten zu Künstlern.
Die Mode hat eine Art Doppelfunktion bekommen: Sie hat eine wirtschaftliche und eine ästhetische Seite. Sie ist Konsum- und Kulturgut zugleich. Das Pfänomen der Mode wird hier auf folgenden Punkt gebracht: Ihr Wesen ist der ewige Wechsel! Mode ist für den Menschen des 18. Jhd. ein Zeichen eines verfeinerten Geschmackes und entwickelten Kultur.
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